siodmak-3.jpg Ich bereite zurzeit einen Text über den äußerst interessanten Regisseur Robert Siodmak vor, dem der Kölner Filmclub 813 jüngst eine Retrospektive gewidmet hat. Siodmak (Menschen am Sonntag, 1929, The Spiral Staircase, 1945, The Crimson Pirate, 1952, Nachts, wenn der Teufel kam, 1957, Der Schut, 1964) gehörte zu den deutschen Exilregisseuren in Hollywood, wo er sich vor allem im Genre des Film Noir einen Namen machte – nachdem er bereits in Deutschland und Frankreich zwei respektable Karrieren hingelegt hatte und schließlich ab den 50er Jahren erneut in Deutschland arbeitete. Er starb 1973. Bei der Lektüre seiner posthum veröffentlichten (und sehr anekdotenlastigen) Autobiographie bin ich auf einige Kabinettstückchen gestoßen, die ich hier gerne teilen will:

„Wenn ich, wie Alfred Hitchcock, mein ganzes Leben nur Kriminalfilme gemacht hätte, wäre mein Name bestimmt ebenso bekannt. Aber das langweilte mich und ich versuchte es auf verschiedenen Gebieten, mit Komödien, Tragödien oder Musicals.“

„[Mein Vater] war sehr jähzornig, eine Eigenart, die ich von ihm geerbt habe, mir aber in Hollywood, wo ich lange gearbeitet habe, abgewöhnen mußte. Es gibt dort keinen Regisseur, der schreit. Die Arbeit in den Studios ist wie in einem Sanatorium, und man mußte lernen, sein Temperament zu zügeln.“

„Ich hatte einen Onkel in Berlin, Heinrich Nebenzahl. Er produzierte alle Harry-Piel-Filme, und wenn deren Lizenz nach sieben Jahren ablief und wieder an ihn zurückfiel, ließ er sich von Dr. Nossen zwei alte Filme zusammenschneiden und machte daraus einen neuen. Das war möglich, da Harry Piel immer die gleichen Schauspieler verwendete. Allerdings konnte es vorkommen, daß die Akteure den Ort ihres Verbrechens in einem Auto verließen und mit einer Droschke ankamen. Aber das machte nichts.“

„[Hans] Albers spielte mir sämtliche Platten vor, die er während des Krieges gemacht hatte. Nach etwa zwei Stunden entschuldigte er sich, daß er nur von sich gesprochen habe, und sagte: ‚Nu laß uns doch auch mal von dir sprechen, Robert! Wie hat dir denn mein letzter Film gefallen?'“

Über den Drehbuchautor Henri Jeanson („Er war der schnellste Schriftsteller, den ich kannte“), der in Paris vor dem Einmarsch der Deutschen wegen Beleidigung des Militärs ins Gefängnis gesperrt wurde:
„Jeden Tag standen die Filmproduzenten vor dem Gefängnis. Gegen acht Uhr früh kam ein Wärter und händigte jedem zwei Seiten Dialog aus. Jeanson weigerte sich, mehr zu arbeiten, bis er eine bessere Zelle bekam und die Produzenten ihm Leckerbissen schickten. Er wollte vor allem Kaviar. Dafür bekamen die Produzenten täglich je eine Seite Dialog mehr und zogen zufrieden ab. Jeanson saß im Gefängnis, bis die Deutschen einmarschierten. Ein deutscher General befreite ihn, da er Jeansons Meinung über die französischen Generäle teilte.“

(aus: Robert Siodmak: Zwischen Berlin und Hollywood. Erinnerungen eines großen Filmregisseurs. Hrsg. von Hans C. Blumenberg, München 1980)